Horst Vogel

Horst Vogel

Horst Vogel wird am 13. Mai 1943 in Valdivia / Chile in einer deutschen Familie geboren.

Er ist frühzeitig künstlerisch aktiv und begreift auch die Architektur, die er ab 1963 in Santiago studiert, als Baukunst, die eine über die Funktionalität hinausgehende Wahrheit zum Ausdruck zu bringen habe. Er schließt sein Studium 1969 mit einer Dissertation ab und wird 1970 zum Professor an der katholischen Universität Santiago berufen.

Zum Zeitpunkt des Militärputsches 1973 befindet er sich in Europa, und da an eine Rückkehr nach Chile nicht zu denken ist, lebt er die nächsten Jahre in Paris. Die chilenischen Diplome und Titel werden in Europa nicht anerkannt. HV streicht Wände, legt elektrische Leitungen, übersetzt Elias Canettis Masse und Macht und Spinoza ou le Problème de l’Expression von Gilles Deleuze ins Spanische. Er zeichnet und malt weiterhin. Hervorzuheben sind die Wachsmalereien: Eine originelle Technik orientalischer Herkunft, in der Wasserfarben in zuvor mit weißem Wachs angelegte Konturen appliziert werden. 1979 wird ein Roman fertig, La Nave quemada, der keinen Verleger findet.

1981 lernt HV auf Mallorca Gisela Dischner kennen, Professor für deutsche Literatur an der Universität Hannover und Besitzerin eines großen Stückes Land in dem damals von der Neuzeit noch wenig beleckten Teil der Insel. Die beiden leben seitdem zusammen, und HV beginnt auf dem mallorquinischen Gelände mit der Anlage eines Skulpturengartens, aus dem sich dieses erstaunliche und originelle Projekt entwickeln wird, das mit der Entwicklung des parallelen grafischen Werks seit 1989 den Namen Homers Apotheose angenommen hat.

Wachsmalereien

Eine Gruppe kleiner Skulpturen von 1980 – 1985

Homers Apotheose

Horst Vogels grafisches Werk entwickelt sich seit 1989 parallel zur Anlage des Skulpturengartens in Son Paulo auf Mallorca. Die Zusammengehörigkeit zeigt sich nicht nur im Auftreten gleicher Themen, Figuren und Elemente in beiden Bereichen, sondern auch in erstaunlichen technischen Korrespondenzen: Ritzungen und farbige Linien im Felsboden sowie zwischen einzelnen Objekten gespannte Schnüre finden sich als eher grafische Ausdrucksmittel im Garten; auf der anderen Seite nehmen die Papierblätter räumliche Verhältnisse und Größenordnungen zwischen den entsprechenden Elementen des Gartens als konstruktive Grundlagen.

Die Besonderheit und Originalität dieses Werkes ist darin zu sehen, daß der Künstler von Anfang an – d.h. in einem Zeitraum von 17 Jahren – sein eigenes Produkt immer wieder neu interpretiert und das immer gleiche Blatt immer wieder neu bearbeitet hat. Die dazu erforderliche Technik hat er im Laufe dieser Zeit erfunden. In der reifen Arbeitsphase der letzten fünf bis sechs Jahre besteht sie darin, das Blatt in einem jeweils erreichten Zustand kopieren zu lassen und auf der Kopie weiter zu arbeiten. Zum Übermalen dienen weiche Buntstifte, und die vorhandene Schicht wird durch Schaben und Ritzen verändert.

Am Anfang der Arbeit stehen gegenständliche Darstellungen mythischer Figuren und Szenen, die zu einem wesentlichen Teil einem im Britischen Museum vorhandenen antiken Relief namens Homers Apotheose sowie einem Text Goethes entstammen, der dieses Relief diskutiert. Im Laufe der Zeit wandelt sich die in der Antike beginnende Reflexion über die Kunst und die Welt in ein modernes, komplexes Sinngefüge, in dem antike Elemente mit christlichen und mit wichtigen Denkern der Moderne kommunizieren.

Die Darstellung des Blattes ist dabei mehrfach zwischen den Polen des Gegenständlichen und des Abstrakten hin- und hergewandert. Dem aufmerksamen Betrachter erschließen sich die Figuren und Gesichter nach einiger Zeit des Schauens; einmal angezogen, kann er in einer unerschöpflichen Vielfalt von Begegnungen und Transformationen umherschweifen, in der alles mit allem in Beziehung tritt. Die lange Zeit der Arbeit an diesem Blatt findet eine Entsprechung in dem Eindruck, Elemente aus der Tiefe des Bildes auftauchen und sich in Situationen und Verhältnisse an der Oberfläche einfügen zu sehen.

Die Entdeckungen und Anregungen sind bei jeder Betrachtung wieder neu und anders; eine heitere Grundstimmung verdankt sich vermutlich dem Gefühl, daß alles seinen Platz findet in einem dichten Geflecht immer wieder neu zu knüpfender Beziehungen, ohne daß eine bestimmte Lesung und eine bestimmte Ordnung andere ausschließen oder einschränken würde.

© finis artis
Nachdruck nur mit Quellenangabe

Aus Homers Apotheose:

Spaziergang durch drei Blätter der reifen Arbeitsphase

ego sum lux – 2004

FADO – 2009 (parallele Reihe)

lex prima ius Amor – 2005

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